„Die Welt der Geister, das Unerklärliche und
Mysteriöse ist mir näher als die Realität.“



Schattenwesen, Zwischenwelten, Transmitter aus der Welt der Flora und Fauna – die Künstlerin Oľga Paštéková wagt sich in diesen Kosmos vor. Dunkles und Metaphysisches ziehen die Künstlerin in ihren Bann. Dabei sucht sie nicht das Augenscheinliche, bildet weder die vorgefundene Realität ab, noch erzählt sie fröhliche Geschichten. Vielmehr erforscht sie das Dazwischen, ergründet das Düstere, Nebelvergangene und Beunruhigende. Aus rätselhaften Wäldern und finsteren, verlassenen Städten tauchen knurrende Wölfe, gehetzte Hunde oder wilde Vogelschwärme auf. Die Kreaturen der Nacht, Wesenheiten und verzerrten Räume symbolisieren Bedrängnis bis hemmungslose Triebkraft.

Die Künstlerin arbeitet bevorzugt in einer Mischtechnik aus lasiert aufgetragener Acrylfarbe und Tusche. Sie kreiert damit schemenhafte Hintergründe – in mehreren Schichten gemalt, ergeben sich dadurch interessante Schatteneffekte. In einem zweiten Durchgang schreibt, zeichnet oder kratzt sie ihnen Tiere und Figuren ein. Die Linien wirken spontan und werden entweder mit Pinseln oder spitzen Werkzeugen auf den Untergrund gearbeitet. Augen, Felle und Körperkonturen erscheinen ausgefranst, wie nach einem heftigen Kampf. Expressive Züge unterstreichen hier noch einmal die Wildheit und lassen eine nahende, schlummernde Gefahr erahnen: Ungezähmte Kraft, ein Hunger nach mehr, aber auch ein Aufbäumen, tiefe Angst und Verteidigungshaltung flackern in den leuchtenden Augen, den sich sträubenden Haaren und aufgerissenen Mäulern. Überdies fügt die Künstlerin den Bildern apokalyptische Brandspuren zu, entstanden durch Interventionen mit einem Gasbrenner.

Neben Holz arbeitet die Künstlerin auch mit Papier und Leinwand als Bildträger. Das natürlich gewachsene Material ist ihr allerdings am nächsten. Rau, mit Fasern durchzogen oder gebrochen, bringt es viele Eigenschaften mit, die zusammen mit Wasser und Feuer den Betrachtern ein elementares Kräftemessen eröffnen. Die dargestellten Figuren werden so kaum fassbar, vielmehr gehen sie auf in atmosphärisch gestalteten Bühnen. Sie agieren als Gegenpol zur Zivilisation – tanzen, ringen und warnen – während man ihren Stimmen und Schreien zu lauschen versucht.

Man erinnert sich an prähistorische Höhlenzeichnungen – Hinterlassenschaften für später, die darauf warten, wiederentdeckt zu werden. Oľga Paštéková malt mit vollem Einsatz, lebt Aktivismus und verweist so auf tierische Reaktionen gegen menschliche Aggressivität, Lebensraum mit Gewalt zu vereinnahmen. Paštéková arbeitet mit der Finsternis und kratzt, wie das Bildnis des Dorian Grey, auch das Hässliche heraus. Denn wir sollten nicht vergessen, dass wir nur ein Teil eines großen Ganzen sind.

Elisabeth Klokar